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2. Begriffssysteme

Kennzeichnend für menschliche Tätigkeit überhaupt sind Klassifizierungen verschiedenster Art. Ohne diese Fähigkeit des Menschen könnte die Sprache nicht existieren. Besonders auffallend und tiefgehend ist diese menschliche Tätigkeit in den verschiedenen Fächern und Wissenschaften. Fachsprachen unterscheiden sich von der Allgemeinsprache in ihrer genauen Klassifizierung, die auf der sprachlichen Ebene stark durch eine besondere Terminologie zum Ausdruck kommt. Begriffe sowie Termini eines Faches sind nicht voneinander unabhängig, sondern bilden zusammen mit anderen Begriffen resp. Termini des Gebietes ein funktionierendes System, das das Erfassen und das Entwickeln des Gebietes erleichtert ebenso wie die Fachkommunikation und der Fachunterricht. Wie Arntz/Picht (1989: 75) festgestellt haben, ist das "systematische Ordnen der Begriffe und Benennungen eines Fachgebietes grundsätzlich nicht nur für die Terminologiearbeit von Bedeutung. Jede Fachwissenschaft muß systematisch an ihren Begriffen und deren Benennungen arbeiten. Ein tiefergehendes Verständnis eines Faches ist ohne die Kenntnis dieser systematischen Grundlagen nicht möglich." Man kann Begriffe also nicht ohne andere Begriffe definieren und verstehen.

Im folgenden möchte ich kurz die verschiedenen Begriffssysteme referieren. Die am häufigsten benutzten Begriffssysteme in der Terminologieforschung und -arbeit sind Abstraktionssysteme [2] und partitive Systeme. In den Abstraktionssystemen stehen der Oberbegriff und seine Unterbegriffe auf verschiedenen Abstraktionsstufen, z.B.
Oberbegriff: Gemüse
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Unterbegriff: Kohlgemüse.

Die Einteilung von Gemüse in Unterklassen, die wieder in Unterklassen eingeteilt werden können, bildet ein Abstraktionssystem; z.B.:

Abbildung 1. Beispiel für ein Abstraktionssystem

Das partitive System basiert auf der Zerlegung eines Ganzen in seine Teile, die weiter in Teile aufgelöst werden können, z.B. eine Brücke und ihre Teile.

Abbildung 2. Beispiel für ein partitives Begriffssystem

Neben der Abstraktionbeziehung und partitiven Beziehung bestehen zwischen den Begriffen weitere Beziehungstypen, die auch kleinere oder größere Begriffssysteme bilden können, die oft in der Terminologiearbeit nützlich sein können. Diese Beziehungstypen basieren grundsätzlich auf den wirklichen Relationen zwischen den Gegenständen. In einer früheren Untersuchung (Nuopponen 1988) habe ich zwischen den folgenden Beziehungen unterschieden [3]:

Im Folgenden werde ich nur Abstraktionssysteme und ihre Rolle in Texten behandeln. Auf andere Begriffssystemtypen werde ich in einem anderen Zusammenhang zurückkommen.

Was ich hier mit terminologischen Methoden untersuche, überschneidet sich teilweise mit dem, was man in der Textlinguistik mit Hilfe der Isotopien (siehe z.B Greimas 1974, Rastier 1974) untersucht. Isotopie ist ein textlinguistischer Begriff, zur Analyse von Bedeutungsstrukturen und Kohärenz in Texten (Ulrich 1981: 69). Greimas (1974: 157) definiert Isotopie als "Jedes wiederholte Vorkommen einer sprachlichen Einheit [im Text]". Bei Bußmann (1983: 222) wird Isotopie folgendermaßen verstanden: "Eigenschaft von mehreren Lexemen in einem Text, durch ein gemeinsames semantisches Merkmal aufeinander bezogen und damit textkonstituierend zu sein". Es wäre interessant, Isotopientheorie und die terminologische Theorie miteinander zu vergleichen und zu sehen, ob sie sich gegenseitig ergänzen könnten.

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