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Anita Nuopponen:

Begriffssysteme und Textstruktur.

Am Beispiel deutscher und finnischer Enzyklopädieartikel

Published in: Fachtextpragmatik, 99-114. Ed. H. Schröder. Gunter Narr Verlag, Tübingen 1993.

Abstract: Concept systems and the structure of texts.

This article reflects the relationships between concept systems and text structure. Finnish and German encyclopedia articles are used as test material. Terminology Science provides the theoretical and methodological background of the study and an attempt is made to develop an elementary model for text analysis from this point of view. A special focus is on linguistic and non-linguistic signals, which explicitly or implicitly reveal logical relationships between the concepts. These signals can be words (e.g. 'is', 'includes'), phrases (e.g. 'belong to', 'are used as'), punctuation marks, italics, underlining, titles, division into paragraphs, pictures and so on. To be aware of these signals and to use and interpret them correctly is important e.g. for the terminologist and the translator as well as for the text writer or for anybody working with texts.

1. Einleitung

Gegenstand dieses Artikels sind Texte; der Ausgangspunkt sind aber nicht die Textlinguistik und textlinguistische Methoden, sondern eher die Terminologiewissenschaft und die terminologischen Begriffe. Dieser Artikel stellt einen Versuch dar, die terminologische Begriffstheorie außerhalb des üblichen terminologischen Forschungsgebietes anzuwenden.

Der Forschungsgegenstand der Terminologiewissenschaft sind die fachsprachlichen Begriffe und Benennungen. Die größten Texteinheiten, die man untersucht, sind Begriffsdefinitionen. In der terminologischen Forschung benutzt man zwar verschiedene fachsprachliche Texttypen, der Untersuchungsgegenstand ist aber immer nur das terminologische Wissen, das die Texte beinhalten, nicht die Texte an sich und ihre Struktur. Texte bilden dennoch einen wichtigen Teil des terminologischen Quellenmaterials, und meiner Meinung nach wäre es sehr wichtig, sie auch aus der Sicht der terminologischen Analyse zu untersuchen.

Wenn man Textanalyse aus terminologischer Sicht betrachtet, so sind die interessantesten Aspekte folgende: Begriffsbeschreibungen, Hinweise auf Beziehungen zwischen den Begriffen (z.B. diverse Gegenstands- und Begriffsklassifizierungen), Angabe von Synonymen und Verbindungen zwischen Begriffen und Termini. Begriffsbeschreibungen und -definitionen sind bereits Gegenstand mehrerer terminologischer und lexikographischer Untersuchungen (z.B. Frandsen 1982); auch Wissenschaftstheorie und Logik befassen sich mit Definitionsproblemen (z.B. Hospers 1973, Weinberger/Weinberger 1979). In diesem Zusammenhang werde ich mich aber nur auf die sprachlichen und nichtsprachlichen Mittel, die auf Beziehungen zwischen Begriffen hinweisen, konzentrieren.

Begriffssysteme treten immer auf die eine oder andere Art in Texten auf, sie sind in einigen Texten sichtbarer als in anderen. In dieser Zusammenhang besonders interessant sind Texte, die man beim Strukturieren des Begriffssystems eines Fachgebietes als Ausgangstexte benutzen kann. In der vorliegenden Fallstudie habe ich solche Texte untersucht, und zwar zwei finnische und zwei deutsche Enzyklopädieartikel [1]. In allen untersuchten Texten spielen Begriffssysteme eine wichtige Rolle, weil darin die wesentlichsten Begriffe des Fachgebietes repräsentiert sind. Solche Texte kann man auch in Lehrbüchern, Prospekten, Zeitschriften und Handbüchern antreffen.

Für kleinere terminologische Studien - z.B. im Terminologieunterricht - bieten Enzyklopädieartikel gutes Material, weil sie das jeweilige Gebiet oder einen Teil davon sprachlich ökonomisch und inhaltlich relativ umfassend widerspiegeln. Für solche Zwecke sind Enzyklopädieartikel eine ausgezeichnete Quelle, da sie für eine größere Empfängergruppe als die eigentlich fachsprachlichen Texte bestimmt sind. Sie könnten als Texte, die das Fachwissen und die Fachbegriffe allgemeinverständlich schildern, angesehen werden. Aufgabe der Enzyklopädien ist es, Wissen aus allen Gebieten zu vermitteln und den Gesamtbestand des Wissens der jeweiligen Zeit oder ein Teilgebiet davon zu sammeln, alles einheitlich zu ordnen und übersichtlich darzustellen, "entweder systematisch, d.h. nach Sachen und Wissenschaften gegliedert, oder in Stichwörtern nach dem Abc" (Brockhaus Enzyklopädie, Band 5, 1968: 591).

Als ich Enzyklopädieartikel und andere Texte, die Fachwissen vermitteln, für Unterrichts- und Forschungszwecke analysierte, sind folgende Fragen aufgetreten:

  1. Wie beeinflußt das Begriffssystem die Textstruktur? Ist das Begriffssystem in der Textstruktur sichtbar?
  2. Was und wie ausführlich berichtet der Text über das Begriffssystem?
  3. Wie kommen die Begriffssysteme in den Texten zum Ausdruck? Welche sprachlichen Signale benutzt man, um die Beziehungen zwischen den Begriffen auszudrücken?

Hier wird zum großen Teil die letztgenannte Frage behandelt, wenngleich ich auch die anderen Fragen berühren werde, da sie ja nicht auseinanderzuhalten sind.

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